Die Sensation ist
perfekt. Das DEB-Team steht bei der
Eishockey-WM in Deutschland im Halbfinale. Durch ein 1:0 gegen die
Schweiz spielen die Deutschen zum ersten Mal seit 1953 um eine
WM-Medaille.
Was diese Mannschaft in
den vergangenen beiden Wochen geleistet
hat, ist mit Worten kaum zu beschreiben. Heldenhaft trifft den
sensationellen Einzug ins Halbfinale bei der Heim-WM vielleicht am
ehesten. Als Abstiegskandidat gehandelt, spielte sich das Team vor
den eigenen Fans in einen Rausch und steht jetzt dort, wo es sich
in den kühnsten Träumen nicht gesehen hätte - im WM-Halbfinale
WM-Viertelfinale: Schweiz vs. Deutschland 0:1: Halbfinale! Der
nackte Wahnsinn!
20.05.2010 - 22:35 Uhr
Deutschland - USA 2:1 n.V.: Die Rekordkulisse
(77.803 Zuschauer) in der Arena auf Schalke sorgte für eine beim
Eishockey noch nie zuvor erlebte Stimmung
©Getty
Die Sensation ist
perfekt. Das DEB-Team steht bei der
Eishockey-WM in Deutschland im Halbfinale. Durch ein 1:0 gegen die
Schweiz spielen die Deutschen zum ersten Mal seit 1953 um eine
WM-Medaille.
Was diese Mannschaft in
den vergangenen beiden Wochen geleistet
hat, ist mit Worten kaum zu beschreiben. Heldenhaft trifft den
sensationellen Einzug ins Halbfinale bei der Heim-WM vielleicht am
ehesten. Als Abstiegskandidat gehandelt, spielte sich das Team vor
den eigenen Fans in einen Rausch und steht jetzt dort, wo es sich
in den kühnsten Träumen nicht gesehen hätte - im WM-Halbfinale.
Und das zum ersten Mal nach 57 Jahren.
"Unglaublich! Ich habe schon gedacht, Schalke war geil. Aber das
ist einfach nur Wahnsinn. Seit wir das erste Mal zum Jubeln aufs
Eis gerannt sind, habe ich Gänsehaut", sagte Kai Hospelt, einer der
besten Spieler des Spiels, im Gespräch mit SPOX.
Sven Felski konnte den Erfolg trotz seiner langjährigen
Erfahrung genauso wenig fassen: "Jeden, der mir das vorher gesagt
hätte, den hätte ich für total bescheuert erklärt. Wir haben
brutale Geschichte geschrieben. Wir träumen hier jetzt schon eine
ganze Weile. Erst haben wir vom Viertelfinale geträumt, dann vom
Halbfinale. Und jetzt träumen wir weiter."
Endras ist der Held des Abends
Held des Viertelfinal-Abends in Mannheim war Goalie Dennis
Endras. Er schaffte den ersten Shutout des Turniers und sicherte
dem DEB-Team mit großartigen Paraden die knappe Führung bis zur
Schlusssirene.
"Endras hält einfach Weltklasse", sagte Felski. Hospelt
ergänzte: "Wir haben ja leider mit Wolfsburg in den Playoffs gegen
Endras verloren. Jetzt weiß ich, warum. Es ist einfach nur
Wahnsinn, wie der spielt."
Blutige Massenschlägerei nach dem Spiel
Nach dem Spiel kam es noch zu ganz hässlichen Szenen. Die
Schweizer zettelten eine wüste Massenschlägerei an, in der es vor
der deutschen Bank besonders heftig abging, Blut floss und sogar
deutsche Betreuer verwickelt waren.
"Das ist ein hochemotionales Spiel, ein Derby. Diese Jungs
kennen sich, seit sie in der U 16 gespielt haben. Da kochen die
Emotionen auch einmal über", kommentierte Bundestrainer Uwe Krupp
die Tumulte. "Aber das ist nicht die Geschichte dieses Spiels. Man
sollte sich über den Kampf um jeden einzelnen Zentimeter auf dem
Eis unterhalten, nicht darüber."
Im Halbfinale, das nach dem kurzen Gastspiel in Mannheim wieder
in Köln stattfinden wird, trifft Deutschland am Samstag um 18 Uhr
erneut auf die Superstars aus Russland, die Kanada in einem ebenso
emotionalen Spiel 5:2 geschlagen haben.
SPOX fasst die Lehren des Spiels zusammen.
Erstes Drittel: Die Deutschen spielen wie in der
zweiten Hälfte des Slowakei-Spiels mit Philip Gogulla in der
dritten Reihe und verzichten dafür auf John Tripp. Die ersten
Minuten sehen gut aus. Aggressives Forechecking setzt die Schweizer
unter Zugzwang. Die Folge: viele Fehlpässe. Nach sieben Minuten
haben sich die Schweizer aber auf das deutsche Spiel eingestellt
und kommen immer besser in Schwung. Die Pässe kommen genauer und
führen zu guten Chancen. Unter anderem Marcel Jenni in der 10.
Minute scheitert aber am starken Dennis Endras. Der Führungstreffer
liegt in der Luft, bis in der 16. Minute Martin Plüss die Nerven
verliert und sich zu einem Stockstich gegen Christian Ehrhoff
hinreißen lässt. 5 Strafminuten plus Spieldauer-Disziplinarstrafe
für einen der Leistungsträger im Schweizer Team. Aus der Überzahl
machen die Deutschen - das schlechteste Powerplay-Team bei der WM -
leider aber wieder einmal zu wenig. Gogulla vergibt die beste
Chance. Das Schussverhältnis lautet 12:6 für die Schweiz.
Deutschland wirkt nervös und leistet sich zahlreiche Fehler im
Spielaufbau, aber die kämpferische Einstellung stimmt erneut.
Zweites Drittel: Die Deutschen legen mächtig los.
Bully-Gewinn, Ehrhoff stürmt nach vorne, legt ab auf Rankel und der
hat nach sieben Sekunden das 1:0 auf der Kelle. Aber er verzieht
leicht. Dann leider eine Strafe gegen Goc, die dem deutschen Spiel
den Elan nimmt. Die Schweiz drückt, Savary bringt nach 25 Minuten
einen Schuss durch die Beine von Endras, doch die Scheibe kullert
am linken Pfosten vorbei. Nur eine von zahlreichen Chancen für die
Gäste. Bundestrainer Krupp stellt die Reihen um. Er bringt Tripp
für den am Finger verletzten Hager in die dritte Reihe. Doch die
nächste Großchance für Deutschland vergeben Ullmann und Wolf aus
der zweiten Reihe. Nur eine Minute später das Tor! Hospelt zieht
ab, der Schweizer Goalie Gerber lässt nach vorne prallen und
ausgerechnet Gogulla, der die meisten Spiele bei der WM zuschauen
musste, trifft per Handgelenksschuss. Die Schweizer sind
konsterniert, nichts geht mehr. Der starke Hospelt hat eine von
zahlreichen Chancen zum 2:0, aber er verzieht bei einem Break
hauchdünn! Eine tolle Leistung des deutschen Teams. Sie sind an der
Sensation dran!
Drittes Drittel: Keine Spur davon, dass das deutsche
Team den Vorsprung nur über die Zeit retten will. Aggressiv geht es
los, Felski hat nach nicht einmal zwei Minuten eine gute
Schusschance zum 2:0, verzieht aber ganz knapp. Erst nach knapp
fünf Minuten raffen sich die Schweizer wieder auf und machen Druck.
Aber Endras, immer wieder Endras. Es wird immer schlimmer. Die
Schweizer werfen in den letzten Minuten alles nach vorne und haben
riesige Chancen. Das Schussverhältnis in den letzten 20 Minuten:
19:5 Schweiz. Aber Endras wird für seine tolle Leistung jetzt auch
mit Glück belohnt. Das DEB-Team vergibt die Entscheidung, als sie
einige brandgefährliche Breaks nicht mit dem Torerfolg krönen
kann.
Star des Spiels: Dennis Endras. Ein Wahnsinn, was für
eine WM der junge Augsburger Goalie spielt. Es war seine fünfte
Partie und er hat nur fünf Tore kassiert. Gegen die Schweiz hat er
Deutschland in den Drangphasen der Gäste im ersten und zweiten
Drittel und vor allem in den letzten 15 Minuten mit tollen
Reaktionen im Spiel gehalten. Am Ende stand er bei 41 Saves. Zudem
strahlte er jede Menge Ruhe aus und wirkte zu jedem Zeitpunkt total
sicher. Der erste Shutout des Turniers war die Belohnung. Wenn er
so weitermacht, wird sein Weg früher oder später in die NHL führen
müssen.
Lehren den Spiels: Zu dieser deutschen Mannschaft
fehlen einem die Worte. Vor allem gehen einem die Superlative aus.
Die Defensive bleibt der Schlüssel zum grandiosen Erfolg des Teams.
Nach dem Shutout für Endras bleibt es bei neun Gegentoren in sieben
Spielen - überragend!
Für Abergläubische kann man festhalten: Die gelben Trikots haben
Glück gebracht. Zum ersten Mal seit dem Eröffnungsspiel auf Schalke
kamen sie zum Einsatz - und es gab wieder einen Sieg. Diesmal einen
noch historischeren.
Das DEB-Team ist über sich hinausgewachsen und hat mit den
frenetischen Fans in der ausverkauften SAP-Arena im Rücken die
Schweizer vor allem auch mental beeindruckt.
Jetzt kommen wieder die Russen. Ob der Einsatz und die Moral
aber auch gegen Owetschkin und Co. reichen werden, ist
fraglich.
Egal, der Heldenstatus ist den Deutschen schon jetzt sicher.
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